Korporationsgeschichte

Weimarer Republik 

Die schon vor dem Kriege erkennbare Einigungstendenz wurde durch das Kriegserlebnis und die nachfolgenden Kämpfe im Osten und die Kämpfe gegen den Spartakus nach 1918 noch verstärkt. Es begann nun ein umfassender Einigungsprozess innerhalb der unterschiedlich organisierten Studentenschaft, der 1919 zur Gründung der Deutschen Studentenschaft (DSt) führte, wenn auch die alten korporativen Zusammenschlüsse nicht darin aufgingen.

Die Tätigkeit des DSt war besonders auf dem sozialen Gebiet erfolgreich, so wurde 1921 das Deutsche Studentenwerk als Wirtschaftshilfe der deutschen Studentenschaft gegründet und 1925 die Studienstiftung des deutschen Volkes. Alle diese Einheitsorganisationen der Studenten wurden meist von Staat und Universitäten freiwillig als Rechtskörper anerkannt, so dass sich nach sehr langer Zeit wieder ein Ansatz für eine studentische Mitverantwortung ergab.

Entgegen der Erwartung vieler erfolgte nach dem Ersten Weltkrieg ein erneuter Aufschwung des Verbindungswesens. Es entstanden nun Wehrschaften, Fliegerschaften, Sportschaften, kulturell – politische Hochschulringe Deutscher Art (HDA), aber auch als erneute Gegenbewegung die sogenannten neustudentischen Vereinigungen (Bund Neudeutschland, Quickborn), sowie Hochschulgruppen der politischen Parteien und Wehrverbände. Die schlagenden Verbände fanden sich in Fortsetzung des Marburger Abkommens im Allgemeinen Deutschen Waffenring (ADW) zusammen und fast alle Verbände schlossen 1921 das Erlanger Verbände- und Ehrenabkommen (EVA); die jüdischen fehlten.

Für Österreich ging die Entwicklung bis zum Ersten Weltkrieg ähnliche, aber innerhalb übergreifender Verbände eigenständige Wege, um sich nach Auflösung der Donaumonarchie sehr stark an die deutschen Strukturen anzulehnen. Bei aller äußeren Angleichung war jedoch nicht zu verkennen, dass die deutschösterreichischen Studentenvereinigungen mehr politisiert waren als die reichsdeutschen. Besonders die völkische Richtung war sehr stark. Die schweizerischen Verbindungen, die sich infolge einer schnellen Übernahme des corpsstudentischen Brauchtums im frühen 19. Jahrhundert gebildet hatten, waren von Anfang an stark nach politischen Kategorien ausgerichtet und entwickelten sich noch vor den deutschen zu Verbänden bzw. Zentralverbindungen mit örtlichen Sektionen. Trotz vieler Parallelen zu den Verhältnissen in Deutschland und Österreich war diese Eigenständigkeit nie zu verkennen.

Die Entwicklung der Verbindungen im Baltikum und in Osteuropa war ebenfalls von der deutschen initiiert, entwickelte aber auch eigene Ausprägungen besonders dort, wo die deutsche Volkstumsgrenze überschritten wurde.

In der Zeit der Weimarer Republik beginnt außerdem eine innere Umgestaltung der Korporationen. So wird in vielen Verbindungen staatsbürgerliche Erziehung und sportliche Ertüchtigung bis hin zum Wehrsport zum Allgemeingut, den Studien wird Vorrang vor den Veranstaltungen der Korporation gewährt, Verstöße gegen die guten Sitten werden bis hin zum Ausschluss unter Strafe gestellt und die äußerliche Renommiersucht verschwindet. Auch im studentischen Brauchtum gab es zu dieser Zeit einige Einschnitte, so blieb von der früheren Studententracht bei einigen Korporationen zum Teil nur noch die Kneipjacke über. Polnischer Schnürenrock, Porzellanpfeifen, Degen, Kanonenstiefel, Sporen, Hund – früher Abzeichen des „freien Burschen“ – verschwinden. Nur der Wichs, die Festtracht der Chargierten, ist verhältnismäßig unverändert geblieben. Geblieben sind auch Band und Mütze der farbentragenden Verbindungen, sowie Wappen, Zirkel, Zipfel und Rocknadel. Die Kneipe und der Kommers haben bestimmte Formen des Ablaufs angenommen, der „Bierhofstaat“ ist gänzlich verschwunden und „Salamander“ und „Landesvater“ bleiben besonders feierlichen Gelegenheiten vorbehalten. Die innere Gliederung in Füxe, Burschen und Alte Herren bleibt fast überall erhalten, wobei die Alten Herren bzw. Philister in AH-Bünden der aktiven Verbindung angeschlossen sind und unabhängig davon örtliche Vereinigungen geselliger Art bilden.