In der Region Lausitz wird seit über 100 Jahren Braunkohle gefördert und verarbeitet. Derzeit sind noch vier Tagebaue aktiv, siehe Abbildung 1. Die höchste Förderleistung wurde Ende der 1980er Jahre mit 195,1 Millionen Tonnen pro Jahr erreicht (Statistik der Kohlenwirtschaft e. V., 2022). Aufgrund der Geologie kann die Kohle großtechnisch im Tagebau gewonnen werden. Dabei liegt das ausgebeutete 2. Lausitzer Flöz in einer Tiefe von 60 bis 120 m und ist ungefähr 16 m mächtig (LEAG, 2022). Daraus bedingt sich die Notwendigkeit, sowohl große Abraummengen zu bewegen (Verhältnis Abraum: Kohle = 5,8 : 1) als auch mit dem großen Volumen zusitzender Grubenwässer umzugehen (Statistik der Kohlenwirtschaft e. V., 2022). Nach Auskohlung eines Areals bleiben Kippenlandschaften sowie Reststrukturen zurück, die vom ansteigenden Grundwasser und teilweise auch durch Oberflächenwasserüberleitung geflutet werden. Nach Ende der Kohleförderung in den 2030er Jahren werden in der Lausitz 40 Seen entstanden und mehrere 100 km2 Fläche konversiert worden sein. Diese devastierte Landschaft bietet aber auch vielfältige Möglichkeiten für einen Neubeginn, so etwa für Arten der Rohbodenstandorte (vergleiche dazu zum Beispiel Publikationen der NABU-Stiftung Nationales Kulturerbe zum „Naturparadies Grünhaus“). Einblicke in die Förderung und Verstromung der Lausitzer Braunkohle sowie Umweltschutz- und Rekultivierungsmaßnahmen im Umfeld der Tagebaue erhielten wir auf unserer Fahrt zum Tagebau Welzow-Süd zum Kraftwerk Schwarze Pumpe (Landkreis Spree-Neiße, Brandenburg).
Die Führung begann um 8:30 Uhr am Standort Schwarze Pumpe in der Energie-Ausstellung. Zuerst wurden uns die verschiedenen Anlagen des Kraftwerkstandortes im Modell gezeigt und die Bedeutung der LEAG (Lausitzer Energie AG) und der Braunkohleverstromung für die mitteleuropäische Stromversorgung dargestellt. Nach einführenden Erläuterungen zur Geschichte des Verbundes aus Braunkohletagebauen und Kraftwerksstandorten sowie einer geographischen Einordnung startete die Befahrung des nahegelegenen Tagebaus Welzow Süd. Für diesen Tagebau werden jährlich etwa ein Quadratkilometer Fläche in Anspruch genommen. Zwischen der ersten Abraumförderung 1962 und der Auskohlung Anfang der 2030er werden insgesamt 90 Quadratkilometer Landschaft aufgeschlossen und wieder rekultiviert worden sein. Bei der Befahrung des Tagebaus besichtigten wir zunächst den neuen Kohleumschlagplatz. Dort lagert die geförderte Kohle nach Qualitäten getrennt und wird vom Fließband auf Güterzüge umgeladen. Auch wurde auf die neue Grundwasserdichtwand hingewiesen, die derzeit die Größte weltweit ist. Sie ist nötig, um das durch Flutung umliegender Altbergbaue ansteigende Grundwasser abzutrennen. So werden gleichzeitig die planmäßige Flutung der Reststrukturen ermöglicht und Kosten für die Wasserhebung im Baufeld Welzow-Süd eingespart. Anschließend führte die Tour zur Südmarkscheide des Tagebaus. Von dort war ein guter Überblick auf die Sohlen des Tagebaus und die Fördertechnik möglich. Dementsprechend gab es eine Vorstellung der eingesetzten Gerätschaften (Schaufelradbagger 6300, Abraumförderbrücke F60, Eimerkettenbagger) sowie der Entwicklung des Tagebaus.
Außerdem erläuterte die Gruppenleiterin die Abläufe in der Tagebauführung und -planung. Sowohl kurz- als auch langfristig werden diese durch Anforderungen des Stromnetzbetreibers an die Leistungsbereitstellung, die gesetzlichen Anforderungen zum Schutz von Anwohnern und Umwelt vor Emissionen (Lärm, Staub) sowie die geologischen Gegebenheiten bestimmt. Um alle Prozesse optimal aufeinander abzustimmen, besteht heutzutage ein hoher Digitalisierungsgrad. Neue Herausforderungen ergeben sich mit der Einstellung des Tagebaubetriebes. Zwar werden die Kippenflächen forst- und landwirtschaftsgerecht rekultiviert und auch regenerative Energiequellen (Photovoltaik, Wind) aufgebaut. Dagegen soll das Restloch wie die meisten Tagebaureststrukturen durch ansteigendes Grundwasser und Fremdwasserüberleitung aus der Spree geflutet werden. Gleichzeitig fallen große Mengen Grubenwässer weg, die zurzeit einen relevanten Beitrag am Wasseraufkommen der Spree haben. Wie mit dem sich abzeichnenden Wasserdefizit der Region, die als sonnenreichste in Deutschland gilt, äquivalent umgegangen werden kann, ist nicht klar. An diese Station schloss sich die Befahrung der untersten Sohle des Tagebaus, also der Ebene des Kohleflözes, an. Dort gab es Erklärungen zu den Eigenschaften und Verwendungen der geförderten Kohle (Briketts, Stromerzeugung, Industrie). Auch der Aufwand für regelmäßige Wartung und Schwelbrandschutz sowie innovative Technikentwicklungen wurden beschrieben. Geologisch bemerkenswert waren die Schichtung der Kohle und die vorhandenen Fasern in der Kohle. Am Ende besichtigten wir die Rekultivierungsflächen am Wolkenberg. Von dieser regenerierten Anhöhe war eine Sicht auf bereits rekultivierte Flächen der LEAG inklusive Weinberg sowie die Arbeit der Absetzermaschine (in der Ferne) möglich. Die Gruppenleiterin beschrieb die verschiedenen Formen der Rekultivierung (Forst, landwirtschaftliche Fläche, FFH-Gebiete, touristische Infrastruktur, Anlagen für regenerative Energie) und die dabei erzielten Erfahrungen. So entwickelte man zum Beispiel eine spezielle siebenjährige Fruchtfolge, die es ermöglicht, den Bodenwert der Kippenböden auf das ortsübliche Niveau (Bodenrichtwert 20 – 30) zu heben. Außerdem scheint eine reine Nadelwaldpflanzung auf den meisten Flächen besser zu gedeihen als Mischpflanzungen.
Nach einer dreiviertelstündigen Mittagspause begann um 13:00 Uhr die Besichtigung des Kraftwerks Schwarze Pumpe. Zunächst legte die Gruppenleiterin die Funktionsweise des Kraftwerks mit vor- und nachgelagerten Teilen (REA-Gips-Verarbeitung, BigBattery-Projekt, Eisenbahnnetz) am Modell dar. Dabei ging sie auch auf die technischen Besonderheiten des Kraftwerks ein (besonders hoher Wirkungsgrad von ca. 40 %, Flexibilisierung der Fahrweise durch Umbauten, Ausrichtung auf hochwertige Braunkohle aus Welzow-Süd). Außerdem diskutierten wir die Bedeutung der LEAG bzw. der Braunkohleverstromung für die mitteleuropäische Stromversorgung und die technischen Herausforderungen der Energiewende. Im Anschluss wurde die Lagerhalle für den Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA)-Gips besucht und auf die besondere Architektur der Gebäude aufmerksam gemacht. So soll sich etwa das 161 m hohe Maschinenhaus durch Formenübergänge und fehlende Vergleichselemente besser in die flache Landschaft einfügen.
Weiterhin ging es um die aufwendige Wasseraufbereitung (als Kühlwasser wird Grubenwasser verwendet), die technischen Einrichtungen (Hilfsdampferzeuger, Heizöllanzen usw.) zum Anfahren des Kraftwerks sowie den Energieeigenbedarf (allein der Tagebaubetrieb benötigt bis zu 90 MW elektrische Leistung).
Danach zeigte die Gruppenleiterin den Generatorenraum mitsamt Leitwarte. Sie beschrieb die Aufgaben der Netzbetreiber und die Ausbalancierung von Strombedarf und Stromverbrauch. Weiterhin führte der Rundgang auf das Dach des Generatorenhauses. Hier erfolgte ein Vortrag über die Geschichte und Wandlung des Standortes vom kohlechemischen Kombinat in der DDR zum heutigen Kraftwerks- und Industriestandort. Gleichzeitig war eine gute Rundumsicht auf das Areal sowie die Umgebung mit Restseen, den Kraftwerken Boxberg und Jänschwalde, Wäldern und Feldern möglich.
Als nächstes konnte die untere Ebene des Kesselhauses mit den acht Kohlemühlen und dem Brennrost besichtigt werden. Um die 1000 °C Kesseltemperatur zu erreichen, wird auf insgesamt drei Ebenen Kohlenstaub in den Kessel eingeblasen. Die Gruppenleiterin schilderte zudem den Bau der Kesselanlage von oben nach unten.
Abschließend folgten wir dem Weg der Abgase: an Aschehalle und Rauchgasentschwefelungsanlage (nur von außen zu besichtigen) vorbei ging es zu den beiden Kühltürmen, über die sowohl die Abgase in 141 m Höhe abgegeben als auch das Kühlwasser durch Herabrieseln gekühlt werden. Die Führung endete um 15:30 Uhr mit einer Erzählung über die Erforschung der am Kühlturm brütenden Wanderfalken.
Daran angeschlossen noch ein paar Impressionen vom Tagebau und dem grandiosen Ausblick.